Das Hauptproblem bei vielen Diätprogrammen ist, dass sie sich ausschliesslich auf die Beschränkung der Kalorienzufuhr konzentrieren. Es werden fleissig Kalorien gezählt, je weniger man zu sich nimmt, umso besser ist es und umso schneller purzeln die Pfunde.
Wirklich?
Hand aufs Herz: Wir haben alle schon einmal eine Diät ausprobiert. Und... hat es etwas gebracht? Nein. Natürlich nicht. Diäten scheinen bei allen anderen zu funktionieren, nur bei einem selbst nicht.
Das stimmt nicht! Diäten funktionieren NIE! Bei niemandem! Jedenfalls nicht langfristig.
Der Grund liegt in unserem Stoffwechsel.
Während wir heutzutage in den Industrienationen dank modernen Konservierungsmethoden und Transportmitteln kaum mehr Hunger leiden müssen, da Nahrungsmittel das ganze Jahr über in Hülle und Fülle vorhanden sind, war das bei unseren Vorfahren noch anders. Sie hatten nur reichlich zu essen, wenn beispielsweise die Jagd erfolgreich war.
In Zeiten in denen es reichlich zu essen gab, lief der Stoffwechsel auf Hochtouren. Ein hoher Stoffwechsel ist in vielerlei Hinsicht vorteilhaft:
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er erhöht den Energielevel
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er hält das Gehirn wach
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er verbessert die Funktion des Immunsystems und
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er beschleunigt das Wachstum und die Reparatur von Gewebe
In den harten Wintermonaten oder bei Hungersnöten jedoch war Nahrung weniger reichlich vorhanden und der Stoffwechsel verlangsamte sich. Der Vorteil war, dass weniger Energie, also Nahrung, als Brennstoff für die Stoffwechselprozesse benötigt wurde. So konnten die Menschen in Zeiten von Nahrungsmittelknappheit mit weniger Kalorien überleben.
Das ist an und für sich ein wichtiger und ausgeklügelter Mechanismus der Natur, der uns heutzutage leider zum Verhängnis wird. Denn unser Körper hat sich im Laufe der Zeit, die Fähigkeit bewahrt, sich in einer Hungernsot schnell anzupassen.
In anderen Worten, beginnen wir plötzlich weniger zu essen, signalisiert dies unserem Körper, dass da eine Hungersnot sein müsse. In der Folge verlangsamt sich der Stoffwechsel, unser Grundumsatz sinkt. Der Körper tut dies mit dem Ziel, Energie zu sparen.
Wenn wir also eine kalorienreduzierte Diät machen, reagiert unser Körper so, als würde er eine Hungersnot erleben. Was passiert nun?
In den ersten Tagen läuft der Stoffwechsel noch normal und wir nehmen ab. 😊 Nach einer Weile verlangsamt sich der Stoffwechsel, da sich unser Körper der geringeren Kalorienzufuhr anpasst. Jetzt wird ein Gleichgewicht gehalten zwischen den Kalorien, die wir zu uns nehmen, und den Kalorien, die wir verbrennen. Wir hören auf, Gewicht zu verlieren. ☹️ Wir haben ein Plateau erreicht.
Was nun? Entweder wir geben frustriert auf und verteufeln die Diät oder aber wir müssen unsere Kalorienzufuhr noch mehr einschränken, wenn wir weiter Gewicht verlieren möchten. Wenn wir dies tun, nehmen wir tatsächlich noch einmal das eine oder andere Kilo ab... allerdings nur solange bis unser Körper sich angepasst hat und den Stoffwechsel verlangsamt hat.
Solange wir unsere Kalorienaufnahme weiter beschränken, senkt sich der Stoffwechsel um die Kalorienzufuhr und den Kalorienverbrauch im Gleichgewicht zu halten. Je weniger Kalorien wir zu uns nehmen, umso restriktiver und qualvoller wird die Diät... bis wir erschöpft und frustriert aufgeben und feststellen müssen, dass sie nicht funktioniert hat.
Doch damit ist es noch lange nicht zu Ende. Sobald wir wieder normal anfangen zu essen, nehmen wir wieder zu. Warum? Nun, unser Körper meint immer noch, wir würden eine Hungersnot durchmachen und hält den Stoffwechsel weiterhin gedrosselt. Wenn wir jetzt die Kalorienzufuhr erhöhen, wandern die überschüssigen Kalorien direkt in die Fettdepots − auch wenn wir vielleicht weniger Kalorien zu uns nehmen als zu der Zeit, als wir mit der Diät begonnen haben.
Bis zu dem Zeitpunkt, an dem unser Körper merkt, dass die «Hungersnot» vorbei ist, haben wir das ganze Gewicht, das wir verloren haben, wieder zugenommen. Hallo Jojo-Effekt!! Das fieseste an der ganzen Sache ist, dass unser Körper nun dazu neigt, zusätzliches Fett zu speichern, um im Falle einer erneuten Hungersnot besser gewappnet zu sein. Das ist auch der Grund, warum wir immer, egal welche Diät wir befolgen, nicht nur das ganze Gewicht, das wir verloren haben wieder zunehmen, sondern immer auch noch ein paar zusätzliche Kilos, quasi als «Sicherheitsmassnahme» obendrauf. Fies, oder?
Ich selbst befand mich mit Anfang 30 an dem obengenannten Plateau. Ich hatte während meiner Studentenzeit in Brüssel gut 7-8 Kilo zugenommen (die Belgier machen einfach saumässig gute Pommes!). Um diese Kilos wieder abzunehmen, habe ich mich in einem Fitnesszentrum angemeldet, ging regelmässig joggen und habe angefangen, darauf zu achten, was ich an Kalorien zu mir nahm. Zu Beginn purzelten die Kilos. Ich wurde plötzlich mit Komplimenten überhäuft. Ich war damals sehr schüchtern und zurückhaltend (ja, kaum zu glauben, wenn man mich heute kennt 😉). Die neue Aufmerksamkeit hat mir gefallen. Doch dann kam der Punkt, an dem ich nicht weiter abnahm, sondern plötzlich wieder zunahm, obwohl ich penibel genau auf meine Kalorienzufuhr geachtet habe. Ich hatte Angst, wieder zuzunehmen. Also habe ich immer weniger gegessen, bis ich mich schlussendlich fast nur noch von Salat und Früchten ernährt habe. Kohlenhydrate gab es nur noch am Wochenende nach einer 2-stündigen Joggingrunde. Fett habe ich gemieden wie die Pest. Ich machte mind. 5x pro Woche Sport. Das ging etwa ein Jahr lang so, bis ich eines Tages nach dem Indoor Cycling bei der Tramhaltestelle zusammengeklappt bin. Ich hatte mich in eine absolut destruktive Mager- und Sportsucht hinein manövriert... Das ist mittlerweile Gott sei Dank passé und ich habe Frieden geschlossen mit mir und meinem Körper.
Warum erzähle ich das?
Ich möchte einfach darauf aufmerksam machen, dass Diäten alles andere als harmlose Modeerscheinungen sind. Natürlich führt eine Diät nicht bei jedem zu einer Essstörung. Dazu braucht es noch weitere Faktoren, wie mangelndes Selbstbewusstsein, sozialer Druck oder ungesunde Schöhnheitsideale. Nichtsdestotrotz besteht auch immer ein Risiko, in dieselbe Falle zu tappen, wie ich damals.
Und ich finde, wir müssen uns auch die Frage stellen: Wo fängt eine Essstörung an? Ab wann hat man ein gestörtes Verhältnis zum Essen? Wann wird aus dem Schlankheitswahn eine krankhafte Sucht? Sind ständige Diäten oder auch exzessiver Sport nicht auch schon Anzeichen eines leicht gestörten Essverhaltens?
Damit wir uns wohl fühlen, müssen wir schlussendlich die Ernährungsweise finden, die wirklich zu uns passt. Manchmal passiert dies über Umwege, so wie bei mir...
Deine Meinung zu diesem Thema würde mich wahnsinnig interessieren. Welche Erfahrungen hast du mit Diäten gemacht? Schreibe mir einfach an info@natuerlichessen.ch.